Freitag, 11. September 2020

Filmkritik: Dollman (1991)

(c) Full Moon Entertainment
Albert Pyun war Ende der 80iger bis in die 90iger Jahre eine der gefragtesten Adressen, wenn es um Endzeitaction (Nemesis) oder irgendwas mit Cyborgs ging. Umso interessanter, dass Full Moon Entertainment Pyun dann 1991 für ein komplett anderes Genre engagiert hat. Ein Genre, was schwer zu umschreiben ist - da die Story wohl mehr oder weniger einzigartig ist - jedoch am ehesten dem klassichen Action / SciFi zuzuschreiben wäre. Wenn man sich die Liste der Macher anschaut wird es jedoch schnell klar wohin der Weg gehen sollte - bzw ging: Das Drehbuch und die Story enstammt einem gewissen Charles Band  - einem der Erfinder des wohl bekanntesten Puppenhorrors überhaupt: Der Puppetmaster Reihe! Was sollte hier also noch schief gehen? Mit Albert Pyun setzt ein gefragter B-Movie Regisseur die Geschichte eines sehr erfolgreichen Drehbuchautores um - ein Experiment, bei dem Full Moon Entertainment nur gewinnen konnte. Nicht zuletzt, weil die Produktionsfirma mit Demonic Toys bereits schon eine weitere bekannte Marke mit an Bord hatte, konnte im zweiten Teil noch einer drauf gesetzt werden. Doch dazu ein anderes mal mehr.
Brick Bardo ist unehrenhaft entlassener Polizist. Jedoch nicht auf der Erde - sondern 10 000 Lichtjahre entfernt auf dem erdähnlichen Planeten Arturus. Als es bei einem Fall - wo er trotz seiner Amtsenthebung aufkreuzt - völlig entgleist ist der Ärger groß. Durch Zufälle gerät Bardo zusammen mit seinem Erzfeind Braxton Red auf die Erde. Auch hier sind die Rollen klar: Bardo ist zwar ein rauher Typ - jedoch im Herzen gut. Sein Widersacher ist auf der Erde das selbe Arschloch wie auf Arturus. Einzige Besonderheit die beide teilen: Die Größenverhältnisse auf der Erde sind etwas anderes als auf ihren Heimatplaneten. Brick Bardo misst hier nämlich gerade einmal 30 Zentimeter! Bei Red ist das im Prinzip auch so - macht aber bei ihm einen nicht so großen Unterschied aus: Von Red existiert nämlich eh nicht viel mehr als ein durch Geräte am Leben erhaltener Kopf. Es dauert schließlich nicht lange, bis sich Red einer Straßengang angeschlossen hat. Bardo wiederum trifft auf die hart und ehrlich arbeitende Debi. Mit Unterstützung der Erdbewohner tragen daraufhin der Dollman und Braxton Red ihre Fehde auf der Erde aus.
Schon in den ersten Minuten ist Pyuns Handschrift deutlich erkennbar: Mit starken Rotfiltern gearbeitet wird eine düstere Zukunftsvision - auf einem weit entfernten Planeten - geschaffen, der am Ende dem Zuschauer jedoch der Erde näher erscheint als ihm lieb ist. Nicht weniger bedrückend sind die darauf folgenden Bilder in einer zunächst nicht näher genannten amerikanischen Großstadt auf der unserer Welt: Das Bild der Gegenwart ist gezeichnet von den in sich zusammen berechende Industrieruinen eines vergangenen Wirtschaftswunders in den 70iger Jahren. Heruntergekommene Stadtteile, die inzwischen von Gangs anstatt vom Gesetz regiert werden. Viel trostloser geht es nicht. Es kommen zwangsweise Erinnerungen an Pyuns dystopisches Endzeitbild hoch, welches bereits in Nemesis vorherrschend war. Erst nach einer halben Stunde wird dem Zuschauer gesteckt wo wir uns befinden: In der südlichen Bronx - also einem der Orte, wo man sich im Jahre 1991 offenbar nicht freiwillig aufhalten wollte. Und das, obwohl es inmitten der "zivilisierten westlichen" Welt liegt - die schon damals den Dreh- und Angelpunkt der Wirtschaft und Industrie stellte. Nur wenige Kilometer entfernt vom einstigen World Trade Centers welches das Sinnbild schlechthin für Amerikas wirtschaftliche Übermacht war. New York - eine Stadt, die nach dem Kalten Krieg gleichzeitig aber mehr Verlierer vorbrachte, als jede Generation zuvor. Die Bronx wirkt hier stellvertretend für so ziemlich jedes US Amerikanische Ghetto, was von den Abgehängten bewohnt wird und dem wirtschaflichen Leistungsdruck der 80iger Jahre nicht mithalten konnte. Drogendealer, Huren und Kleinkriminelle prägen das Straßenbild. Pyuns Bronx wirkt sicher nicht zufällig wie Paul Verhoevens grandios deprimierende Detroit-Interpretation in Robocop 4 Jahre vorher.
Über 25 Jahre später ist Dollman ein Zeitdokument, was für sich steht. Es steht für die damaligen Probleme (Bandenkriminalität, Drogen usw.), welche die Schlagzeilen regierten. Aussenpolitische Themen wie der erste Golfkrieg werden hier nicht beleuchtet. Ohne anmaßen zu wollen, das dieses das Ziel des Regisseurs war, kommt es dem unbeholfenen Zuschauer über zwei Jahrzehnte später so vor, als ob Pyun hier tatsächlich seine persönliche Gesellschaftskritik verarbeitete. Inbesondere in einer Szene wird dies schon fast mit dem Zaunpfahl präsentiert, wenn der Dollman seiner irdischen Freundin erzählt, dass die Menschen ansich überall gleich schlecht sind. Egal ob auf seinem Heimatplaneten oder hier: In der Bronx auf der Erde. Dafür, dass es sich um einen B-Movie handelt - der vermutlich nicht allzuviel gekostet hat (leider hab ich keine Quellen gefunden) scheint der Grundtenor des Filmes fast anspruchsvoll. Doch keine Angst: Auch die Unterhaltung kommt nicht zu kurz. Immerhin heißt der Regisseur Pyun und dieser kennt sich mit Action aus. Es wird geballert, es wird geprügelt - und es gibt einige mehr oder weniger gute Gags. Die Effekte sind handwerklich gut gemacht. Mit Splitscreening werden die Effekte erzeugt, wenn der Dollman mit irdischen Charakteren agiert. Immerhin ist der Name Dollman auch nicht von ungefähr: Der Dollman ist in seiner Heimatwelt zwar normal groß - auf der Erde jedoch nur 30 Zentimeter lang. Insgesamt wächst der Film jedoch nie so richtig über seinen B-Movie Charme hinaus - was mit Sicherheit dem eingeschränkten Budget geschuldet war. Pyun hat jedoch das beste draus gemacht. Für Fans klassischer 90iger Jahre SciFi-Action ein Pflichtfilm der während seiner Zeit leider etwas unter gegangen ist. Vielleicht auch deshalb, weil er nur für den Videothekenmarkt produziert wurde und damit nie offiziell ins Kino kam. filmdetails

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